Landwirtschaft für Naturschützer 2019

2 Einleitung Landwirtschaft und Naturschutz - Gegensätze? Das werden Vertreter beider Gruppen heute wohl oftmals beja- hen. Ganz aktuell zeigte sich die Konfliktlinie beim Volksbegeh- ren „Bienen und Artenvielfalt Retten!“ Ein breites Bündnis ver- schiedender Naturschutzorganisationen und Verbände warb dafür, Landwirte sahen es dagegen als Einschränkung ihrer Rechte und plädieren für Freiwilligkeit. Ist man mit dem Schutz von Flora und Fauna in agrarischen Lebensräumen befasst, gewinnt man den Eindruck, Konflikte entstehen oft deshalb, weil der eine zu wenig über die Arbeit des anderen weiß. Lassen sich also Naturschutz und Landwirt- schaft wenigstens regional und im Detail zusammenbringen, wenn man einander auf Augenhöhe begegnet, sich in die Lage, die Zwänge und die Beweggründe des anderen hinein- versetzt? Wir glauben, ja. Landwirtschaft für Naturschützer ist ein Ange- bot für alle, die aufeinander zugehen und Gemeinsamkeiten herausarbeiten wollen. Landwirte müssen sich in den meisten Fällen fragen, ob ihre Handlungsmöglichkeiten wirklich objektiv so gering sind, wie sie manchmal meinen und ob sie mit dem Arteninventar ihrer Äcker und Wiesen, das sie Kindern und Enkeln hinterlassen, zufrieden sind. Viel wäre andererseits gewonnen, wenn Naturschützer Land- wirten insofern Verständnis signalisieren würden, als dass auch sie oftmals Getriebene des Konsumverhaltens und der aktuellen Fördermechanismen sind. Artenkenntnis erhalten

Einleitung 3 Ganz speziell richten wir uns also an diejenigen, die sich für eine Land(wirt)schaft interessieren, in der Artenvielfalt und prosperierende bäuerliche Betriebe gleichermaßen existieren können. Studierende einschlägiger Fachrichtungen, junge BerufseinsteigerInnen in Planungsbüros, Landesämtern und Behörden sind bei uns richtig. Aber auch Schüler(gruppen), Studenten anderer Bereiche und sich mit dem Thema verbun- den Fühlende sind herzlich willkommen! Denn oftmals steht man da vor beinahe unlösbaren Aufgaben: Frisch eingestiegen soll Landwirten die Teilnahme an ökologi- schen Programmen vermittelt werden, obwohl das im Studi- um praktisch keine Rolle gespielt hat. Diese Unsicherheiten werden dann oft missdeutet: Landwirte fühlen sich nicht ernst genommen, wenn ihnen ihr Gegenüber aus Naturschutzkrei- sen bei den basalen Begriffen und Abläufen der gängigen Pra- xis nicht folgen kann. Daraus resultieren dann zuweilen Frust und Ablehnung. Wir machen uns also gemeinsam klar, was Landwirte möch- ten, um an Programmen teilzunehmen und Biodiversität zu för- dern. Im Wesentlichen:  Kompetente Beratung, die eigenen „Papierkram“ minimiert  Eine kostenneutrale Abwicklung innerhalb des Betriebes  Positive Presse, die die Kooperationswilligkeit betont Damit haben wir bereits die entscheidenden Problemfelder aufgedeckt, an denen wir im Rahmen von „Landwirtschaft für Naturschützer“ gemeinsam arbeiten können. entdecke dein Naturtalent !

4 Einleitung Dieses Programm ergänzt unser mittlerweile schon überregio- nal bekanntes Angebot zur „Artenkenntnis“ durch ein zweites Modul, ein Modellprojekt der Umweltstationenförderung des Regierungsbezirks Oberfranken. Beide werden zusätzlich vom BUND Naturschutz unterstützt. Wir teilen dazu die Tage in einen Praxis- und einen Theorieteil auf. Vormittags ist vorgesehen, gemeinsam die nachfolgend vorgestellten landwirtschaftlichen Betriebsformen zu besu- chen. Dabei kommen wir in Kontakt mit dem Landwirt und suchen den Dialog. Wir besuchen Flächen, die von ihm bewirt- schaftet werden und vergleichen Artenvielfalt und Struktur mit ähnlichen oder anderen Wirtschaftsformen. Möglich ist, sich zur aufeinanderfolgenden Teilnahme an den Thementagen einer Rubrik zu entschließen – also z.B. die Bio-Landwirtschaft durch das Jahr zu verfolgen. Doch auch ein Schnuppern in ver- schiedene Höfe und Anbauformen oder eine einmalige Teil- nahme sind natürlich möglich. Nachmittags wollen wir das Gesehene diskutieren und noch tiefer in die Thematik einsteigen, indem wir Fragen stellen, von deren Beantwortung in den nächsten Jahrzehnten viel abhän- gen wird: Welche Art von Landwirtschaft wollen wir? Wie gelingt es, einen Wandel mit möglichst vielen oder gar allen Beteiligten herbeizuführen? Im Sinne der Bildung für nachhal- tige Entwicklung (BNE) gilt es dabei, sich größeren Zusam- menhängen bewusst zu werden. Wir stellen also auch die Fra- ge nach dem eigenen Konsum- und Verbrauchsverhalten und diskutieren Wege zur fairen, kleinräumigen, umweltverträgli- chen und dezentralen Lebensmittelversorgung. Diese Fragen im Rahmen eines Aktionstages zu beantworten, birgt auch und gerade für Schüler und Lehrer größeren Mehrwert als rei- nes Lernen im Unterrichtsformat – 2018 konnten wir das bereits erfolgreich erproben. Artenkenntnis erhalten

Einleitung 5 Die Veranstaltungen werden von Dr. André Maslo durchge- führt, der an der Ökologischen Bildungsstätte Oberfranken sowohl für Umweltbildung zuständig ist, als auch als erfahre- ner Ornithologe Umsetzungsprojekte im Naturschutz koordi- niert. Dazu hat er im Jahre 2018 die Weiterbildung zum Natur- pädagogen erfolgreich abgeschlossen. Wir werden die Seminare nach Möglichkeit so gestalten, dass das morgendliche Praxismodul je nach Jahreszeit vielleicht sogar zur richtigen Zeit stattfindet, um konkret etwas für den Schutz seltener Ackerbewohner zu tun. Mittags stärken wir uns bei einer Pause – je nach Wunsch der Gruppe im Rahmen eines Picknicks oder in der regionalen Gastronomie –, bevor wir am Nachmittag zum Auswerten übergehen. Dafür suchen wir dann unsere Räume im Wasserschloß Mitwitz auf. Für die Fahrten zu den Exkursionsorten können wir uns absprechen und Gemeinschaften bilden – rechtzeitig vor jedem Seminar folgt eine detaillierte Absprache zum Ablauf in der jeweiligen Gruppe, da in den folgenden Wochen die Pläne gemeinsam mit den in Frage kommenden Höfen erarbeitet werden. entdecke dein Naturtalent !

Workshops 2019 7 Die biologische Landwirtschaft ist von einem Nischenphäno- men in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Bioprodukte finden sich heute in jedem Discounter. Aber welches Artenin- ventar finden wir auf Bio-Flächen, von welchen Schwierigkei- ten berichtet der Landwirt? Unser erster Termin beschäftigt sich mit der Situation der Feld- vögel im Frühjahr. Wir beleuchten Gemeinsamkeiten und Unterschiede verschiedener Kulturen. Beim zweiten Termin gehen wir der Frage auf den Grund, ob derzeitige Richtlinien „automatisch“ Wildtierparadiese zur Folge haben. Der dritte Termin wird Unterschiede zwischen verschiedenen Anbauver- bänden und deren Auswirkungen beleuchten. Schließlich geht es am vierten Termin um alternative Formen des Landbaus, etwa Permakultur oder Solidarische Landwirtschaft. entdecke dein Naturtalent !

Workshops 2019 9 „Marktfrucht“ meint natürlich ein Wirtschaftsprinzip, in dem die angebauten Kulturen, z.B. Getreide, weitgehend auf dem Markt verkauft werden. Daraus ergibt sich, dass solche Betrie- be oft mehr auf Programme eingehen können als z.B. solche mit Futterbau. Am ersten Termin widmen wir uns gefährdeten Bodenbrütern, die mit Monokulturen und Pestiziden einen schweren Stand haben. Danach ist der generelle Schwund der Biodiversität Thema – worin liegt er begründet, durch welche Programme kann man entgegenwirken? Bei unserem dritten Treffen wer- den wir Farbtupfen in der Landschaft vermissen. Wie begegne ich dem in eigener Praxis? Schließlich ist der „Dschungel für einen Sommer“ Vergangenheit. Mit welchen Strategien haben Wildtiere den „Ernteschock“ überstanden? entdecke dein Naturtalent !

Workshops 2019 11 Kaum ein Zweig der Landwirtschaft wird so vehement kritisiert wie die Viehhaltung. Gülle, Nitrat, Methan und Soja sind Begriffe des schlechten ökologischen Gewissens geworden. Andererseits kann extensive Viehhaltung geradezu ein Motor für die Artenvielfalt sein. Der erste Termin wird die Wirtschaftsweise eines modernen Milchviehbetriebes mit allen Abläufen umreißen. Beim zwei- ten Treffen werden wir die ersten gemähten Wiesen finden. Da stellt sich die Frage: Wohin mit der ganzen Gülle? Beim dritten Termin vergleichen wir den Flächenverbrauch von Tierhaltung und Acker. Wo wollen wir Beweidung, wo ist Getreidebau unmöglich? Abschließend fragen wir wieder nach dem Zusam- menhang: Was ist faire Milch und gibt es sie überhaupt? Wie sind wir fair zur Umwelt, wie fair zur Kuh? entdecke dein Naturtalent !

Workshops 2019 13 Die Energiewende ist eine der großen Paradigmenwechsel unserer Zeit und Biogas spielt eine wichtige Rolle. Wir schauen hinter die Kulissen. Ist hier „ökologische Energie“ drin, oder doch nur „Biomasse“? Wie weit haben wir uns schon von der eigentlichen Idee der Reststoffverwertung entfernt? Der erste Tag dient dem Überblick über nachwachsende Rohstoffe. Welche werden als Energielieferanten eingesetzt und warum? Danach weiten wir den Blick: Leistet die Fruchtfol- ge bei und mit Energiepflanzen einen Beitrag zur Biodiversität? Zum dritten Treffen vergleichen wir die Flächen-, Transport- und Ökoeffizienz der alternativen Energieversorgung miteinan- der. Schließlich lenken wir auch hier den Fokus auf die Zukunft. Sind blütenreiche Mischungen die Alternative zu Mais? entdecke dein Naturtalent !

14 Information Information So geht‘s Die gewünschte Veranstaltung (am besten mehrere Termine aufeinander aufbauend oder auch nur ein einzelner) bitte rechtzeitig aussuchen und buchen – die Plätze sind begrenzt. Melden Sie Ihren Wunschtermin per Telefon, Fax oder E-Mail (s. u.) bei unserem Projektleiter an. Nach Eingang Ihrer Anmeldung erhalten sie zunächst eine schriftliche Bestätigung. Dieser folgen, wenn alle absehbaren Anmeldungen zusammengetragen wurden, detaillierte Anga- ben zu allen für Sie wichtigen Inhalten, wie z.B. Ablaufplänen, Treffpunkten, Terminen, Anfahrt, usw. Das kostet‘s Aufgrund der Förderung der Veranstaltungen, der Durchfüh- rung mit unserem eigenen Umweltbildungspersonal und des Modellcharakters können und wollen wir dieses Angebot kos- tenlos anbieten. Literatur, Kartiermaterial, und ggf. Ferngläser (letztere in begrenzter Anzahl) werden von uns verliehen. Even- tuell Mitzubringendes wird gesondert mitgeteilt. Anfahrtskos- ten, eventuelle Übernachtungen sowie die Verpflegung (Mahl- zeiten, falls geplant) müssen selbst getragen werden. Bei verbindlicher Anmeldung und dem Wunsch nach Unter- stützung sind wir gerne bei der Suche nach einer geeigneten Übernachtungsmöglichkeit behilflich – einfach nachfragen! Kontakt Projektleitung: Dr. André Maslo Mail: andre.maslo@oekologische-bildungsstaette.de Tel.: 09266 - 8252 Fax: 09266 - 6442 Artenkenntnis erhalten